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Sonntag, 19. November 2017

Grundlage unseres Glaubens





Auf den ersten Blick schien sich die kleine Gruppe durch nichts von anderen Begräbnisprozessionen zu unterscheiden: Geistliche, Schaulustige und Männer mit Werkzeug, um ein Grab auszuheben. Nur eines fehlte: ein Sarg mit dem Verstorbenen.


Ein sonderbares, zorniges Begräbnis
Als die Gruppe auf den Friedhof der Pfarrkirche von St. Mary in Lutterworth (England) kam, lag ein Hauch von Spannung und Rache in der Luft. Endlich würde der Erzketzer John Wycliffe bekommen, was er verdiente – 43 Jahre nach seinem Tod.
Am Grab angekommen, rissen sie den Boden auf, gruben tiefer und tiefer, bis sie mit ihren Hacken auf Holz stießen. Unheilige Hände brachen den Sarg auf, nahmen Wycliffes sterbliche Überreste heraus und warfen sie in ein loderndes Feuer.
Das Papsttum, das Wycliffe nicht zu seinen Lebzeiten hinrichten konnte, war entschlossen, es nach seinem Tod nachzuholen. Als John Wycliffes Gebeine zu Asche verbrannt waren, streuten die
stolzen Prälaten sie in einen nahegelegenen Fluss, in der Hoffnung, dass von dem Mann und seinem Werk keine Spuren bleiben würden.
Warum so viel Hass? Warum diese Boshaftigkeit? Weil John Wycliffe es gewagt hatte, dem Papst zu trotzen, gegen schmarotzende Mönche zu predigen und – schlimmer noch – die Bibel aus dem Lateinischen in die englische Sprache zu übersetzen und damit Gottes Wort dem Volk in seiner eigenen Sprache zu geben. Priester, Bischöfe und der Papst selbst wussten, dass das Licht des Wortes Gottes die Finsternis vertreiben würde, die sie und ihr korruptes System an der Macht hielt.
„Doch die Gebeine solch eines Mannes zu ver- brennen, konnte seinen Einfluss nicht beenden“, schrieb der Theologe und Historiker George Town- send Jahrhunderte später. „Wie John Foxe in seinem Buch über die Märtyrer schrieb: ‚Wenn sie auch seinen Leichnam ausgruben, seine Gebeine verbrannten und seine Asche im Fluss verstreuten, das Wort Gottes und Wahrheit seiner Lehre konnten sie ebenso wenig verbrennen wie die Frucht und den Erfolg, die daraus erwuchsen. Sie sind noch bis zum heutigen Tag ... vorhanden‘.“
Während Wycliffe zu seinen Lebzeiten dem Feuer entkommen war, wurden viele, die nach ihm kamen, auf dem Scheiterhaufen verbrannt, geköpft, ertränkt. Sie starben als Märtyrer, weil sie Gott und seinem Wort treu waren.

Den Menschen die Bibel geben
Die Anstrengungen, den Menschen die Bibel in ihrer eigenen Sprache zu geben, gingen weiter. Im Jahr 1522, zweihundert Jahre nach Wycliffes Geburt, veröffentlichte Martin Luther, der bekannteste der Reformatoren, seine Übersetzung des Neuen Testaments ins Deutsche. Die komplette Übersetzung der Bibel wurde 1534 erstmals herausgegeben und von den einfachen Menschen dankbar angenommen. Aber die Obrigkeit war ganz und gar nicht erfreut: „Vergebens riefen die Römlinge die kirchliche und die weltliche Obrigkeit an, die Ketzerei zu unterdrücken. Ohne Erfolg blieben Gefängnis, Folter, Feuer und Schwert. Tausende von Gläubigen besiegelten ihren Glauben mit ihrem Blut, und doch ging das Werk vorwärts. Die Verfolgung diente nur dazu, die Wahrheit auszubreiten.“
Während Martin Luther Gottes Wort den einfachen Menschen in Deutschland brachte, trat William Tyndale in die Fußstapfen von Wycliffe und machte sich daran, eine neue englische Überset- zung der Bibel bereitzustellen. Wycliffe hatte seine Bibelübersetzung anhand des lateinischen Textes angefertigt, Tyndale übersetzte aus den originalen Sprachen Griechisch und Hebräisch. Sei- ne Arbeit war in England nicht willkommen, und so floh Tyndale nach Deutschland, wo 1525 sein Neues Testament erschien, die erste Druckausgabe, die aus dem Griechischen ins Englische übersetzt worden war.
Diese Bibel wurde sofort nach England geschmuggelt und vom Volk willkommen geheißen. Im Jahr 1535 wurde Tyndale verraten, während er an der Übersetzung des Alten Testaments arbeitete. Nachdem er 500 Tage im Gefängnis gelitten hatte, starb er den Märtyrertod: Er wurde mit Ketten erwürgt und auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Zuverlässige Freunde stellten seine Arbeit fertig, und einige Jahre nach seinem Tod wurde Tyndales vollständige Bibelübersetzung veröffentlicht.

Die Leidenschaft der Reformatoren
Warum haben diese Männer so viel Schmerz und Leid und sogar den Tod erduldet, um den Menschen das Wort Gottes zu bringen? Weil sie sich danach sehnten, dass die Menschen Gottes Wahrheit erkennen konnten. Wenn die Augen der Menschen
erst einmal für die Wahrheit der Bibel geöffnet sein würden, würden sie die Widersprüche zwischen dem Wort Gottes und den Lehren der Priester sehen. Die Wahrheit würde sie vom Griff der Angst befreien, in dem sie die institutionalisierte Kirche hielt.
Ellen White teilte die Leidenschaft der Reformatoren, jedem Zugang zur Heiligen Schrift zu ermöglichen. „Die Bibel wurde nicht nur Predigern und gebildeten Menschen gegeben“, schrieb sie. „Jeder Mann, jede Frau und jedes Kind sollte die Bibel für sich selbst lesen. Macht euch nicht davon abhängig, dass ein Prediger sie für euch liest. Die Bibel ist Gottes Wort an euch. Arme brauchen sie genauso wie Reiche, Ungebildete ebenso wie Gebildete. Und Christus hat sein Wort so einfach gemacht, dass niemand beim Lesen straucheln muss.“


Aufgrund der protestantischen Prinzipien, die einfache Lesart der Bibel anzunehmen und die Bibel sich selbst auslegen zu lassen, waren die meisten unserer grundlegenden Lehren – der Sabbat, der Zustand der Toten, das Heiligtum und das Untersuchungsgericht – bereits etabliert, als die Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten 1863 offiziell gegründet wurde.


Ellen White schrieb über dieses grundlegende Bibelstudium: „Bruder [Hiram] Edson und andere scharfsinnige, ehrwürdige und wahrheitstreue Männer suchten nach 1844 nach der Wahrheit wie nach einem verborgenen Schatz. Wir versammelten uns, um gemeinsam aufrichtig zu studieren und zu beten. Oft blieben wir bis spät in die Nacht beisammen, manchmal auch die ganze Nacht hindurch, beteten um Erkenntnis und forschten in der Bibel. Wieder und wieder kamen diese Brüder zusammen, um das Wort Gottes zu studieren, seinen Sinn zu erfassen und sich darauf vorzubereiten, es kraftvoll zu verkünden.“

Ein kritischer Blick
Heute wird der Gedanke eines „einfachen Lesens“ des Textes von einigen herabgewürdigt. So wie sie denken, ist es notwendig, die Bibel mit einem kritischen Auge Blick zu lesen, um zu verstehen, welche Teile von Gottes Wort für uns im 21. Jahrhundert Bedeutung haben. Statt Bibelstelle mit Bibelstelle zu vergleichen, setzen sie menschliche Weisheit als Schiedsrichter darüber ein, was relevant ist und was nicht.
Eine der größten Auseinandersetzungen, denen wir Siebenten-Tags-Adventisten uns gegenüber se- hen, ist die Auseinandersetzung über die Autorität der Bibel.
Lasst uns nicht vergessen, dass die Bibel unser einziger Schutz ist, während wir die historisch-biblische Methode der Bibelinterpretation anwenden und fördern und die Bibel Zeile für Zeile und Grundsatz für Grundsatz sich selbst auslegen lassen.
Beachtet die folgende Anweisung im Hinblick da- rauf, die Bibel so anzunehmen, wie sie geschrieben ist: „Gott erwartet mehr von seinen Nachfolgern, als vielen bewusst ist. Wenn wir unsere Hoffnung auf den Himmel nicht auf ein falsches Fundament gründen wollen, müssen wir die Bibel annehmen, wie sie geschrieben ist und glauben, dass der Herr meint, was er sagt.“

Methoden des Bibelstudiums
Die Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten hat ein offizielles Dokument darüber verabschiedet, wie man die Bibel studieren soll. Das Dokument wurde von der Vollversammlung des Generalkonferenzausschusses auf seiner Jahressitzung 1986 in Rio de Janeiro (Brasilien) beschlossen und „wendet sich an alle Mitglieder der Kirche der Siebenten-Tags- Adventisten, mit der Absicht, Leitlinien für das Bibelstudium zur Verfügung zu stellen.“ Dann werden zwei unterschiedliche Zugänge zur Bibel beschrieben:
„Die historisch-kritische Methode minimiert die Notwendigkeit des Glaubens an Gott und des Gehorsams gegenüber seinen Geboten. Weil eine solche Methode das göttliche Element in der Bibel als inspiriertem Werk (einschließlich ihrer Einheit) vernachlässigt und die apokalyptische Prophetie und die eschatologischen Teile der Bibel abwertet oder missversteht, empfehlen wir Adventisten, die die Bibel studieren wollen, außerdem dringend, sich nicht auf die Voraussetzungen und die daraus resultierenden Ableitungen der historisch-kritischen Methode zu stützen.
Im Gegensatz zur historisch-kritischen Methode und ihren Denkansätzen halten wir es für hilfreich, die Prinzipien zum Bibelstudium zu betonen, die mit den biblischen Aussagen selbst übereinstimmen, die ihre Einheit erhalten und auf dem a priori basieren, dass die Bibel Gottes Wort ist. Ein solcher Ansatz wird uns zu einer zufriedenstellenden und lohnenden Erfahrung mit Gott führen.“
Gott hat uns einen Auftrag vom Himmel gegeben, Verteidiger seines Wortes zu sein, weil es sich als wahr erwiesen hat und Menschenleben verändert. Die Welt versinkt in einem Verhalten, dass von einer existenzialistischen Denkweise geprägt ist – die Leute meinen, dass alles relativ ist, doch das stimmt nicht! Es gibt absolute Wahrheiten, und sie sind in Gottes Wort und unserem treuen Festhalten am Wort Gottes zu finden.

nimm die Zeit für Gottes Wort
Wir leben in der letzten Zeit, in der Zeit Laodizeas, in der das Christentum oft oberflächlich ist. Der Teufel versucht alles, um uns von der Bibel und der Wahrheit abzulenken. Er verwendet jedes erdenkliche Mittel: Freizeit und Erholung, die Medien, Vergnügen, Arbeit, Musik, Meinungsverschiedenheiten und interne Auseinandersetzungen, Irrlehren, Uneinigkeit in der Familie, wirtschaftliche Probleme – alles, was uns abhält, Zeit mit Gottes Wort zu verbringen.
Aber jetzt ist die Zeit, ganz sicher zu gehen, jeden Tag Gottes Wort zu lesen. Die Bibel ist lebenswichtig, weil sie uns Jesus persönlich nahe bringt. Sie lehrt uns, dass Erlösung nur möglich ist, wenn wir uns ganz auf ihn verlassen. Sie erzählt von seinem Leben und Sterben, seiner Auferstehung und seinem Dienst für uns im Allerheiligsten des himmlischen Heiligtums. Sie erinnert uns daran, dass der Sabbat Christi besonderes Siegel und sein Bund mit seinem Volk ist, das seine Gebote hält. Sie bekräftigt unseren Glauben an und unsere Hoffnung auf eine baldige, buchstäbliche Wiederkunft Christi, unseres Erlösers. Sie hilft uns zu erkennen, dass wir einem Gott dienen, der niemals scheitern wird und dessen Gemeinde siegreich gegen die Angriffe des Teufels sein wird.
Jetzt ist die Zeit, völligen Glauben, Zuversicht und Vertrauen in Gottes Wort zu entwickeln. Wir wissen, dass eine Zeit kommt, in der wir uns nicht auf unsere Sinne verlassen können, dass eine „beinahe überwältigende Täuschung“ und ein so betörender Betrug stattfinden wird, dass „wenn möglich, auch die Auserwählten“ verführt werden. (Mt 24,24 EB)

Jetzt ist die Zeit
Ein Sturm kommt auf uns zu. Jetzt ist die Zeit, auf dem festen Grund des Wortes Gottes zu bauen. Jesus selbst sagte uns, wie wir bereit sein können: „Darum, wer diese meine Rede hört und tut sie, der gleicht einem klugen Mann, der sein Haus auf Fels baute. Als nun ein Platzregen fiel und die Wasser kamen und die Winde wehten und stießen an das Haus, fiel es doch nicht ein; denn es war auf Fels gegründet.“ (Mt 7,24–25)
Unser Glaube und unsere Überzeugungen müssen auf dem zeitlosen Wort Gottes gegründet sein. Die Bibel, die Märtyrer mit ihrem Blut bewahrt und versiegelt haben, übertrifft Zeit und Kultur. Sie ist Gottes lebendiges Wort, und durch die Führung des Heiligen Geistes können wir die Antworten in ihr finden, die heute so dringend gebraucht werden. ■

Weiterdenken mit Martin Luther:
„So müssen wir nun gewiss sein, dass die Seele alle Dinge entbehren kann, nur das Wort Gottes nicht, und ohne das Wort Gottes ist ihr mit keinem Ding geholfen. Wenn sie aber das Wort hat, dann bedarf sie auch keines anderen Dinges mehr, sondern sie hat in dem Wort Genüge, Speise, Freude, Frieden, Licht, Kunst, Gerechtigkeit, Wahrheit, Weisheit, Freiheit und alles Gut überschwänglich.“ (Aus Von der Freiheit eines Christenmenschen, 1520, in: WA [Weimarer Ausgabe], Band 7, S. 22)

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